Ganz neue Haftungsrisiken durch Covid-19

Als die chinesischen Behörden am 31. Dezember 2019 die Erkenntnis über eine neue Lungenkrankheit bekannt gaben, war die Auswirkung dieser Krankheit auf die Weltbevölkerung in keiner Weise abzusehen.

Die Globalisierung bewirkte eine für diese Generation noch unbekannte rasante weltweite Ausbreitung und noch bevor die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization) der Krankheit am 11. Februar 2020 den Name Covid-19 gab, war in Deutschland am 27. Januar 2020 bereits der erste Krankheitsfall aufgetreten.
Am 11. März 2020 erklärte die WHO die Ausbreitung von Covid-19 schließlich zur Pandemie. Erkenntnisse zum Verlauf der Krankheit waren spärlich und das Virus SARS-CoV-2 (englische Abkürzung für severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2), auch als „Schweres akutes Atemwegssyndrom-Coronavirus-Typ 2“ bezeichnet, stellte Ärzte und Wissenschaftler weltweit vor erhebliche Probleme.

Mangelware Beatmungsgeräte

Die Verbreitung des Virus brachte Krankenhaussysteme weltweit in ernste Schwierigkeiten, teilweise sogar zum Erliegen. Hierbei zeigte sich im Zuge der Ausbreitung der Pandemie schnell, dass eine Langzeitbeatmung der Schwerstkranken aus Mangel an ausreichender Anzahl von Beatmungsgeräten erheblich erschwert wurde. Abhilfe für jenes Problem wurde zum Teil dadurch geschaffen, indem nicht mehr nur ein Patient, sondern nun zwei Patienten durch ein Gerät beatmet wurden. Eine fast zwangsläufige Entscheidung in ethischer Hinsicht, die sich aber als nicht ganz unproblematisch erwies. Denn sowohl Hersteller von Beatmungsgeräten als auch die Versicherungsindustrie musste sich fragen, welche Produkthaftpflichtfragen durch diese Entwicklung auftauchen könnten.

Neue Nutzung, neue Risiken

Die Problematik ergab sich zum einen aus der Tatsache, dass ein Medizingerät immer nur für einen bestimmungsmäßigen Gebrauch zugelassen wird. Im Fall der Beatmungsgeräte zum Gebrauch für einen Patienten. Was würde haftungsrechtlich also passieren, wenn Krankenhausärzte ein Gerät für zwei Patienten einsetzen und hierbei möglicherweise einer oder sogar beide Patienten versterben? Da sich die Hersteller ihrer gesetzesmäßigen Pflicht der Produktbeobachtung bewusst waren, zeigten diese die nicht genehmigte, „neue“ Anwendung den nationalen Behörden an und veröffentlichten umgehend Warnmeldungen, dass diese Handhabung der Geräte nicht den Zulassungsregularien entsprach. Damit konnten sich die Hersteller schnell vor eventuellen Ansprüchen aus der nicht vorschriftsmäßigen Anwendung der Beatmungsgeräte schützen.

Produktionsumstellung – einfacher gesagt als getan

Angesichts des Mangels an Beatmungsgeräten boten auch branchenfremde Industrien, wie etwa Automobilhersteller, ihre Hilfe bei der Herstellung der medizinischen Geräte an beziehungsweise prüften, ob dies möglich wäre. Die starke Regulierung zur Herstellung von Medizingeräten stellte jedoch sowohl die zugelassenen Hersteller von Beatmungsgeräten als auch die freiwilligen Unterstützer vor ein Dilemma: In der Kürze der Zeit war es unmöglich, alle Anforderungen zur Zulassung für Medizinprodukte zu erfüllen und das mit der Produktion einhergehende Qualitätsmanagement gemäß der sogenannten ISO 13485 einzuführen. Aus diesem Grund konnten letztlich auch keine Beatmungsgeräte auf den Markt gebracht werden, die seitens industriefremder Hersteller gefertigt wurden.

Haftung aktuell und künftig

Noch komplexer wurde es im vergangenen Jahr, als Beatmungsgeräte mittels Sondergenehmigung der entsprechenden Behörden zugelassen worden sind, aber nicht das komplette Zulassungsverfahren durchlaufen hatten. Für Versicherer des Produkthaftpflichtrisikos dieser Beatmungsgeräte gestaltete sich dies kritisch, ergaben sich dadurch schließlich viele offene Fragen: Sind jene medizinischen Geräte tatsächlich so sicher und zuverlässig hergestellt worden, wie die Gesetzgebung es fordert? Durch fehlende spezifische Kenntnis im Qualitätsmanagement für Medizinprodukte können leicht erhebliche Risiken mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für den Hersteller – und damit auch den Versicherer – entstehen. Was geschieht mit jenen Geräten außerdem nach der Pandemie? Werden die Beatmungsgeräte weiter eingesetzt und bestehen in diesem Fall weiterhin die Sondergenehmigungen? Oder werden jene Geräte den für Medizinprodukte üblichen Standards unterworfen? Fragen wie diese, die sich im Zuge der Covid-19-Pandemie quasi aus dem Nichts ergaben, machten es sowohl für Hersteller als auch Versicherer im Bereich Life Science erforderlich, sich mit ganz neuen Haftungsrisiken auseinanderzusetzen – und hierfür eine entsprechende Lösung zu finden.

Downloads

Sie möchten noch mehr über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Life Science-Industrie erfahren? Der insgesamt fünfteilige Bericht „Life Science in Pandemiezeiten“ von Chubb und der internationalen Wirtschaftskanzlei Kennedys bietet umfassende Einblicke in die Themenbereiche Klinische Studien, Herstellung medizinischer Geräte, Telemedizin, Genomforschung und Lieferketten.

Alle bisher veröffentlichen Teile des Berichts finden Sie hier zum Lesen und Herunterladen:

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